Geldtipp 15 - Arbeit oder Hartz IV?
Vorab eine Bemerkung: Mit diesem Geldtipp wollen wir niemanden dazu auffordern, seine Arbeitsstelle
aufzugeben und statt dessen Hartz IV zu beziehen, sehr wohl aber möchten wir dauf hinweisen, was Hartz IV
ist und welche Folgen, auch positive Folgen, es für Sie hat, wenn Sie Hartz IV beziehen müssen.
Die öffentliche Diskussion um Hartz IV hat in den Jahren seit der Einführung von Hartz IV, worin die
frühere Arbeitslosenhilfe und die ehemalige Sozialhilfe zu einer neuen Sozialleistung, die neuen Spielregeln
folgt, zusammengefaßt wurden, kaum nachgelassen. Naturgemäß fällt die Bewertung von Hartz IV je nach
Interessenlage sehr unterschiedlich aus. Zwei Stichworte fallen in der Diskussion immer wieder: Zum einen
ist der Begriff Geld von zentraler Bedeutung, zum andern taucht der Begriff der Würde häufig auf, wobei
hier vor allem die Kritiker von Hartz IV die Bedingungen, unter denen Hartz IV bezogen wird, als würdelos
charakterisieren.
Was also ist Hartz IV? Hartz IV ist nichts anderes als die Grundsicherung, die in Teilen des politischen
Spektrums sehr lebhaft diskutiert wird, aber eben nicht die bedingungslose Grundsicherung, die dort
gefordert wird. Bedingungslos ist Hartz IV deswegen nicht, weil ganz ausdrücklich verlangt wird, daß sich
die Bezieher von Hartz IV um einen Arbeitsplatz bemühen. Hartz IV ist also keineswegs eine Art
Ersatzarbeitslosengeld, sondern eine soziale Grundsicherung, die jedem zusteht. Dies wird schon daran
deutlich, daß mit Hartz IV das sogenannte Sozialgeld verknüpft ist, das diejenigen in einer
Hartz IV-Bedarfsgemeinschaft erhalten, denen Erwerbstätigkeit nicht zumutbar ist, wie dies z.B. bei Schülern,
z.T. bei Alleinerziehenden oder auch Kranken der Fall ist.
Wesentlichste Bedingung für den Bezug von Hartz IV-Leistungen ist, dies wird häufig genug in der Diskussion
vergessen, das Stellen eines Antrages. Würden alle, die heute in prekären Beschäftigungsverhältnissen
arbeiten oder mit einem realtiv geringen Einkommen eine Familie ernähren müssen, Hartz IV beantragen, so
würde die Zahl der Leistungsbezieher von den heute etwa 5 Millionen, die Hartz IV oder Sozialgeld
beziehen, sicherlich erheblich steigen, sich vielleicht sogar verdoppeln. Nebenbei bemerkt: Auch viele
"kleine" Selbständige und Gewerbetreibende könnten Hartz IV-Leistungen beziehen, tun dies aber aus vielerlei
Gründen nicht.
Wenn viele, die eigentlich Anspruch auf Hartz IV haben, keinen Antrag stellen, obwohl dies die materiellen
Verhältnisse verbessern würde, und viele, die Hartz IV beziehen, darunter leiden, sich dafür schämen, sich
als Schmarotzer fühlen oder als solche diffamiert fühlen, so hat dies viel mit dem zweiten Begriff zu
tun - dem Begriff der Würde -, der in der Hartz IV-Diskussion eine Rolle spielt. Besonders die Sozialverbände
und Teile des politischen Spektrums beklagen, daß die Ausgestaltung von Hartz IV und der Umgang mit den
Hartz IV-Beziehern häufig würdelos sei, die Betreffenden ihrer Würde beraubt würden. Unabhängig davon,
ob diese Behauptungen stimmen, ob dem so ist, hat sich in großen Teilen der Öffentlichkeit die Auffassung
verfestigt, daß es nicht diskutabel und eher ehrenrührig ist, Hartz IV zu beziehen. Kein Wunder also, daß
viele Anspruchsberechtigte auf einen Hartz IV-Antrag verzichten und sich lieber immer weiter verschulden,
obwohl diese "Strategie" auf Dauer scheitern muß.
Man kann die Frage nach der Würde aber auch von einem anderen Standpunkt aus angehen. Ist es z.B. würdevoll,
zu einem Hungerlohn zu arbeiten, sich von Vorgesetzten oder Kollegen mobben zu lassen, weit unter der
eigenen Qualifikation zu arbeiten, über Jahre hinweg nur befristete Arbeitsverträge zu haben, die keine
Lebensplanung mehr zulassen, hinzunehmen, daß ein Teil des zustehenden Lohnes nicht ausgezahlt wird,
weil der Arbeitgeber genau weiß, daß jemand, der einen Zeitvertrag und Angst vor der Arbeitslosigkeit hat,
nicht aufmucken wird? Würdevoll oder würdelos sind also keineswegs exakt definiert, sondern unterliegen
der Entscheidung eines jeden selbst. Sie sollte sich also nicht irgendwelcher Auffassungen anderer wegen
davon abhalten lassen, Leistungen zu beziehen, die Ihnen nach dem Gesetz zustehen.
Vielen ist auch nicht bewußt, daß man, obwohl man Teilzeit oder Vollzeit arbeitet, ergänzende Hartz-Leistungen
erhalten kann, wenn das Einkommen zu gering ist. Hartz IV ist eben eine soziale Grundsicherung und keine
Lohnersatzleistung wie das Arbeitslosengeld.
Sie werden im Internet über eine Suchmaschine viele Seiten finden, auf denen Sie Detailinformationen
zu Hartz IV finden, viele Seiten bieten auch einen sogenannten "Hartz IV-Rechner", mit dem Sie schnell
abschätzen können, ob Sie einen Anspruch auf Hartz IV haben und in ungefähr welcher Höhe. Wenn Sie feststellen,
daß Ihnen Leistungen zustehen, dann sollten Sie auch einen Antrag auf Hartz IV stellen, denn es gibt keinen
Grund, auf gestzlich zustehende Leistungen zu verzichten. Am allerwenigsten sollten Sie sich durch
irgendwelche öffentliche Auffassungen über Hartz IV-Empfänger im allgemeinen, über Würde oder Unwürde
davon abhalten lassen.
In der Überschrift ist die Frage gestellt: "Arbeit oder Hartz IV?" Daß beides gleichzeitig sein kann,
haben wir eben erläutert. Aber natürlich können Sie sich dies auch als Alternative denken. Wenn Sie heute
z.B. einen befristeten Arbeitsvertrag haben und wissen, daß Sie in naher Zukunft Hartz IV beziehen werden,
so können Sie die Möglichkeit des Bezugs einer Grundsicherung auch als Chance sehen. Dadurch entkommen Sie
vielleicht einer völlig würdelosen Tätigkeit, dadurch haben Sie die Möglichkit, z.B. eine Fernstudium zu
absolvieren, um Ihre Qualifikation für den Arbeitsmarkt zu verbessern, dies gibt Ihnen Freiraum, um z.B.
im Internet ein eigenes Gewerbe aufzubauen (Einige Anregungen hierzu finden Sie bei
Verdienstberater. Und
selbstverständlich haben Sie, solange Sie Hartz IV beziehen, auch viel mehr Zeit, einen vernünftigen
Arbeitsplatz zu finden, was häufig ja nicht so einfach ist, wenn man den ganzen Tag mit einer
schlechtbezahlten und aufreibenden Arbeit beschäftigt ist.
Betrachten Sie Hartz IV also so rational wie möglich, ignorieren Sie, was andere darüber und über
Hartz IV-Empfänger denken. Wenn Sie Anspruch auf Leistungen haben, nehmen Sie diese in Anspruch und
nutzen Sie den zusätzlichen Freiraum, den Sie dadurch gewinnen.