Spartipp 9 - Gute Zinsen - Schlechte Zinsen
Wenn Geld gespart oder angelegt werden soll, stellt sich natürlich immer auch die Frage nach den
Erträgen, also der Verzinsung. Daß dies für die Entscheidung, diese oder jene Anlage oder Sparform zu
wählen, für die meisten Menschen ein sehr wichtiger Punkt ist, zeigt auch die Werbung der Anbieter,
seien es nun Banken, Versicherungen, Bausparkassen oder wer auch immer, die häufig die Rendite einer
Anlage als zentrale Werbebotschaft verwendet.
Zunächst sollten Sie sich darüber im klaren werden, daß eine hohe Verzinsung zweierlei bedeuten kann:
Ein mit der Anlage verbundenes hohes Risiko oder eine hohe Inflationsrate. Hohe Zinsen führen, auch
durch den Zinseszinseffekt, zu einer schnellen Kapitalvermehrung. Bei zehn Prozent Zinsen pro Jahr
verdoppelt sich ein angelegter Betrag in etwa 7 Jahren. Bei sieben Prozent Zinsen dauert es etwa 10
Jahre bis zur Verdoppelung des Kapitals. Bei einem Zinssatz von zwei Prozent dauert es hingegen 35 Jahre,
bis sich das angelegte Kapital verdoppelt hat.
Die zuvor genannten zwei Prozent Zinsen sind ein Zinssatz, der, blickt man die letzten Jahrzente zurück,
immer dann für kurzfristige Spareinlagen oder Tagesgelder erzielt werden konnte, wenn die Inflationsrate
relativ niedrig war. Waren die Zinsen für solche Anlagen deutlich höher, war auch die Inflationsrate
deutlich höher, d.h. die höheren Zinseinnahmen wurden durch die gleichzeitig stark steigenden Preise
kompensiert. Dieser Zusammenhang sollte unbedingt beachtet werden.
Die Aussage, die Verzinsung sei gut oder schlecht, macht also wenig Sinn, wenn nicht gleichzeitig auch
gesagt wird, wie hoch die Inflationsrate ist. Entscheidend ist am Ende nämlich die Realverzinsung, also
Zinssatz minus Inflationsrate. Diese Realverzinsung ist für relativ kurzfristige Anlagen über lange
Zeiträume betrachtet eher gering und auch ziemlich unabhängig von der jeweiligen Infaltionsrate.
Eine Kapitalverdoppelung in 35 Jahren ist nun nicht eben viel. Damit stellt sich natürlich die Frage,
ob das Sparen Sinn macht? Selbstverständlich macht dies Sinn. Lesen Sie dazu auch unseren
Geldtipp 4: So bilden Sie Rücklagen oder unseren
Spartipp 8: Wann lohnt sich das Sparen?. Entscheidend ist dabei sicher nicht
die Verzinsung, obwohl auch hier Kleinvieh durchaus Mist macht, sondern das Sparen selbst. Da es für
viele Menschen schwierig ist, selbst und langfristig zu sparen, ohne dabei in Versuchung zu kommen,
immer wieder auf das angesparte Geld zuzugreifen, können sogar Anlagen mit schlechter Verzinsung
durchaus Sinn machen. Nachstehend ein Beispiel hierzu.
Wahrscheinlich hat schon einmal ein Versicherungsvertreter versucht, Ihnen eine Lebensversicherung zu
verkaufen. Vielleicht war es auch ein Bankberater, der Sie zum Abschluß eines Sparplans mit einer Laufzeit
von 20 oder 25 Jahren bewegen wollte, einer Laufzeit, die der einer Lebensversicherung nicht unähnlich
ist. Von der Lebensversicherung z.B. liest man in den letzten Jahren viel, häufig Artikel, die sich kritisch
damit auseinandersetzen. Bemängelt werden z.B. hohe Provisionen für die Versicherungsvertreter und
schlechte Renditeerwartungen für die Zukunft.
Bedeutet dies, daß solche Sparformen nicht sinnvoll sind und gemieden werden sollten? Keineswegs. Nehmen
wir an, Sie sparen 25 Jahre lang 100,- Euro im Monat in einer Lebensversicherung, einem Banksparplan
oder einer ähnlichen Anlage. Nach 25 Jahren erhalten Sie dann eine Auszahlung von z.B. 60.000,- Euro.
Ist dies nun ein gutes oder ein schlechtes Ergebnis für Sie? Ein schlechtes Ergebnis für Sie wäre es nur
dann, wenn Sie alternativ in der Lage wären, selbst diesen Betrag anzusparen, und zwar ohne daß Sie durch
eine vertragliche Bindung zu einer Versicherung oder einer Bank dazu gezwungen sind regelmäßig zu sparen,
und auch mit der Voraussetzung, daß Sie in der Lage sind, in diesen 25 Jahren nicht auf das Geld
zuzugreifen. Und dabei müßten Sie auch noch zu einer höheren Gesamtsumme kommen, damit sich Ihre
Eigenbemühungen lohnen.
Die Frage nach der Höhe der Verzinsung ist also letztlich von untergeordneter Bedeutung. Was helfen hohe
Zinsen, wenn man selbst das Sparen nicht durchhält? Als Konsequenz daraus sollten Sie sich zunächst viel
mehr mit der Frage beschäftigen, wie Sie Ihre Sparziele erreichen können. Der Abschluß eines Vertrages,
ob nun bei einer Versicherung, einer Bank oder sonst irgendwo, der Sie zum Zwangssparen zwingt, ist auch
dann für Sie vorteilhaft, wenn die Rendite unterdurchschnittlich ist, wenn die Alternative dazu ist, daß
Sie selbst auf eigene Faust dieses Sparergebnis nicht erreichen können.